Was ich Gutes finde an Überlegungen, Gedanken, ja sogar im Ausdruck, kommt mir meist im Gehen; sitzend bin ich zu nichts aufgelegt.
Goethe
"Als mein Vater Walter Pause und Werner Heiss 1969 das Buch „Wandern im Bayerwald“ veröffentlichten, da war die Welt eine andere – und genauso der Bayerische Wald. Zwar hing das eine untrennbar mit dem anderen zusammen, aber gleichzeitig hat sich auch der Bayerische Wald in diesen bald 50 Jahren massiv verwandelt. Natürlich befindet er sich geografisch an derselben Stelle wie eh und je, aber politische Entscheidungen auf Landesebene und in globaler Hinsicht haben den Stellenwert der gesamten Region massiv verändert. Die Gründung des Nationalparks Bayerischer Wald im Jahr 1970 war eben nicht nur eine behördliche Naturschutzmaßnahme, sondern sie sollte gleichzeitig auch ein Instrument der Wirtschaftsförderung, besonders des Tourismus, in einem Notstandsgebiet im Osten Bayerns darstellen. Als rund 20 Jahre später, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, die staatlichen Grenzen ihren trennenden Charakter verloren, verwandelte sich der Bayerische Wald urplötzlich in eine Art grüne Herzkammer Mitteleuropas. Der Nationalpark Sumava auf der tschechischen Seite der Staatsgrenze bildet eine ideale Ergänzung.
Für die Veränderung des Bayerischen Walds sorgte dann aber auch das, was viele „Waidler“ als ungeheure Katastrophe empfanden: die Borkenkäferplage und das großflächige Sterben des Walds. Wer die Schäden jemals selbst gesehen hat, wurde an apokalyptische Bilder erinnert. Aber genau diese Katastrophe erwies sich für den Wald als eine einzigartige Verjüngungskur; sie verhalf ihm zu einem neuen und schöneren Gesicht, denn zwischen den trostlosen Totholzresten der anfälligen Monokulturen des Wirtschaftswaldes wuchs ein kräftiger natürlicher Mischwald, mit Ebereschen, Fichten und Buchen, in die Höhe. Was vielen wie ein Wunder anmutete, ist nichts anderes als der ganz natürliche Prozess, der allerdings in langsameren Dimensionen abläuft als unser hektischer Alltag.
Das alles beschreibt in nüchternen Worten jedoch nur die veränderten Rahmenbedingungen eines einzigartigen Naturraums, der sich tatsächlich nur auf emotionaler Ebene erleben lässt – und genau in diesen Sphären hat sich der „Woid“ eben nicht wirklich verändert. Man kann heute den Wald genauso empfinden, wie die Autoren des Bayerwald-Wanderbuchs 1969, die ihren Gefühlen so freien Raum ließen: „So haben wir es erlebt in zwei Sommern zwischen Eisfichten und vergreisten Tannen, zwischen Farnsträußen und Granitblöcken, als wir, Pilze hier, Beeren dort, glücklich im unendlichen Walddämmer versanken. So haben wir es empfunden, wenn wir aus dem grünen Schatten unverhofft an einen hohen Waldrand gerieten, in den Bann eines weltverlorenen Schachten, oder auf einen freien Urgesteinsgipfel – wo die Sonnen nicht mehr im Walddunkel fleckte, sondern in blendender Schärfe über schwarzgrüne Walddämme schäumte, oder über ein in makellos seidigem Glanze ruhendes Nebelmeer.“
Zweifellos bereiten die Entwicklung hin zur „Freizeit-Gesellschaft“, der Drang der urbanen Gesellschaft in die Natur, die massive Kommerzialisierung des Outdoor-Trends, die unsägliche „Eventisierung“ des Urlaubs und die touristischen Marketingsensationen allen naturverbundenen Menschen Sorgen. Aber genau im Gegenmodell liegen die großen Chancen einer Region wie dem Bayerischen Wald. So schrieben schon Walter Pause und Werner Heiss 1969: „Der Bayerwald lebt von seinen Kennzeichen Walddichte, Waldluft, Stille, Einsamkeit, Wanderwege, Freiheit der Landschaft. Wenn diese wunderbaren, weil noch vorhandenen Begriffe in einer vernünftigen, aber auch strengen Planung mit den Ansprüchen der ‚Waidler‘, ihrer Sommer- und Wintergäste, der Industrie-Unternehmen und des Gastgewerbes ausgeglichen werden können, dann kann der Bayerwald eine legitime Werbung betreiben.“
Es freut mich, dass Dr. Isabelle Auer mit großem Mut, unendlichem Fleiß, engelgleicher Geduld, viel Leidenschaft, besten Ortskenntnissen und einer hohen Naturkompetenz die Ideen von Walter Pause und Werner Heiss in diesem Buch zu neuem Leben erweckt. Man kann es verstehen, dass sie als ehemalige langjährige Gebietsbetreuerin für die Arberregion beim Naturpark Bayerischer Wald ihr Herz an den „Woid“ verloren hat. Die Verschränkung von Originaltexten des Buchs von 1969 mit ihren eigenen Schilderungen ist ihr auf bewundernswerte Weise gelungen. So ist in diesem neuen Buch der Geist – neudeutsch: der „spirit“ – des Vorbilds unverkennbar zu spüren. In der Verbindung mit der Homepage im Internet zeigt dieses Projekt, wie sich Tradition und Moderne sinnvoll ergänzen können.
Meine persönliche Verbundenheit mit dem Bayerischen Wald wurde übrigens – ähnlich wie bei meinem Vater – auch im beruflichen Umfeld geweckt: im Februar 1978 durfte ich mit
einem Kamerateam des Bayerischen Rundfunks meinen ersten Filmbeitrag für die damals noch junge Bergsteigersendung Bergauf-Bergab produzieren. Bei einer Skiwanderung über die Schachten zwischen
Falkenstein und Rachel habe ich den Zauber des Bayerwalds sofort
gespürt."
Michael Pause, im Juni 2017
Erstmalige Aktualisierung des Walter Pause - Klassikers: "Wandern im Bayerwald" von 1969.
176 farbige Seiten, DIN A4, Softcover. Dazu: 80 detaillierte Tourenkarten, 500 Fotos, viele Hintergrundinfos zum Download (via Passwort) von unserer Homepage www.bayerwald-wandern-mit-pause.de
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